Die Mormonen   ► Mormonismus
Sie nennen sich selbst: »Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage".
Gründer dieser Sekte ist der 1805 im nordamerikanischen Staat Vermont geborene Joseph Smith. Unter
schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, lernte der Fünfzehn jährige durch Besuch von Evangelisationsversammlungen verschiedene Kirchengemeinschaften kennen.
Nach seiner Eigendarstellung wurde Smith durch die Unterschiede und Gegensätzlichkeiten der verschiedenen Kreise verwirrt und betete
um Erkenntnis, welcher Kirche er sich anschließen solle.
Die göttliche Antwort habe gelautet, er solle sich keiner der bestehenden Kirchen anschließen, denn sie seien alle Gott ein Greuel, öfters habe Smith fortan Visionen gehabt.
Schließlich sei ihm durch den „Engel Maroni" bei einem Dorf im Staate New York ein Hügel bezeichnet worden, in dem er wichtige Urkunden finden könne.
An bezeichneter Stelle habe
er später in einer steinernen Truhe zahlreiche goldene Platten
gefunden, von einem Propheten namens Mormon beschriftet mit ägyptischen Schriftzeichen: das "Buch Mormon".
Lesen
und übersetzen konnte Smith das Buch jedoch nur durch eine -Prophetenbrille", die dabei lag. Allein für Smith sei das Buch überhaupt sichtbar gewesen. Hinter einem Vorhang sitzend, diktierte Smith den Inhalt des Buches einem Schreiber in die Feder.
Durch Spende eines reichen Bauern wurde der
Druck ermöglicht; das "Buch Mormon" konnte nun gelesen werden (im Umfang etwa der Hälfte des Alten Testaments entsprechend). Das Buch erzählt die angebliche Geschichte der Ureinwohner Amerikas vom Turmbau zu Babel bis zum Jahre 424 n. Chr. — ein eigenartiges Fantasiegebilde.
Dazu
enthält es religiöse Anweisungen.
Und — das war möglich! — es fanden sich Menschen, die sich um dies scharten als um ihre "goldene
Bibel".
1830 wurde im Staate New York die Sekte der Mormonen gegründet.
Joseph Smith wurde als ihr Prophet geistliches und weltliches Oberhaupt zugleich. Und als die so entstandene Sekte in den Staaten New York und Ohio verfolgt
wurde, gründete Smith im Staate Illinois eine Stadt Nauvoo, deren Oberhaupt er wurde,- die eigene Miliz befehligte er als oberster Kommandeur.
Smith starb mit 39 Jahren, erschossen
in einem Gefängnis von einer wütenden Menge.

Im "Verständnis" seiner Anhänger starb er den Märtyrertod.

Um allen Schwierigkeiten zu entgehen, wanderten die Mormonen, etwa 15 000 Personen, unter Smiths Nachfolger Brigham Young, "durch die Wüste" über das Felsengebirge ins Land Utah aus. Unvorstellbare Schwierigkeiten wurden mit harter Entschlossenheit überwunden.
Viele erlagen den
Mühen des Weges.
Am Salzsee angekommen, gründete die
Sekte die Hauptstadt  "Neujerusalem" (jetzt Salt-Lake-City).
Entsprechend ihrer straffen kirchlichen Organisation, verbunden mit großer Opferfreudigkeit ihrer Glieder, blühte die neue Stadt und der Staat schnell auf.
Weitere Städte entstanden.
Ödland wurde mit Erfolg kultiviert. Schon bald
wurde vorbildlich die Bereitschaft zu gegenseitiger Hilfe.
Darüber hinaus ist eine uns beschämende Hilfsbereitschaft Außenstehenden gegenüber zu verzeichnen; man denke auch an die Hilfsaktionen nach dem Zweiten Weltkrieg zugunsten des leidenden Europa. Dazu sollte es nicht gering angesehen werden, daß außer einer Zurückhaltung gegenüber Alkohol und Nikotin bei den Anhängern auf gesunde Lebensweise Wert gelegt wird.
Von Anfang an wurde in der Sekte ein sittlich reines Leben gefordert.
Auch wenn in den Frühzeiten der Sekte — im

Gegensatz zu den Anordnungen des »Buches Mormon" — weitgehend die Vielehe herrschte und von manchem Propheten sogar als erforderlich angesehen wurde (es dürfe keine unverheiratete Frau geben), wurde immer wieder betont, daß auch diese Verhältnisse durchaus straff geordnet waren.
Ausschweifendes Leben sollte der Sekte fremd sein. Bevor im Jahre 1896 der Staat, Utah genannt, als selbständiger Staat der Union anerkannt wurde, war die Einehe als staatlich wie religiös allein gültige Form festgelegt.

In Eigendarstellungen
betonen die Mormonen, daß Verstöße dagegen geahndet wurden und werden? die Leitung der Mormonen distanziere sich gleichzeitig von irgendwelchen unkontrollierbaren Splittergruppen.
Durch rege Werbetätigkeit hat die Sekte zunehmend Verbreitung gefunden. 1958 betrug ihre Zahl über eineinhalb Millionen Anhänger,- davon dreiviertel in den Vereinigten Staaten. Auch in Europa hat die Sekte viele, wenn auch kleine Gemeinden. Die Werbeerfolge sind besonders erstaunlich,
wenn man sich das seltsame Lehrgebäude der Sekte etwas vor Augen führt.
Hinsichtlich der Lehre der Mormonen ist
zu beachten, daß diese Lehre durch hinzukommende „Erkenntnisse" der neuen »Apostel" und "Propheten" in einer steten Entwicklung begriffen ist. Dennoch lassen sich Grundsätze feststellen.
So ist sehr aufschlußreich der Satz:

„Wie der
Mensch ist, so war Gott einst; wie Gott ist, so kann der Mensch einmal werden."

Der Grundgedanke der Mormonenlehre dürfte darin wiedergegeben sein. Es geht um den Fortschritt als das oberste Prinzip alles Weltgeschehens. So wird

auch die Gottheit vermenschlicht. Neben einem Urgott gibt es noch viele Götter. Der auf dem Zentralstern wohnende Urgott ist als einziger nicht geschaffen, vielmehr entstand er aus der ewigen, sich selbst bewegenden, intelligenten Materie.
Die Götter sind keineswegs rein geistige Wesen? sie haben einen Körper, alle Glieder und Organe des Menschen, auch menschliche Leidenschaften und Bedürfnisse; sie sind eigentlich dem Menschen nur in der Entwicklung voraus.
So können ja Menschen („Gläubige") auch Götter werden.

Der Mensch ist „ein Gott im Keimzustand". Er ist zu jedem Fortschritt in der Lage.
Das Dasein des Menschen
umfaßt drei Entwicklungsstufen:
die vorirdische,
die irdische
und die Stufe des Lebens nach dem Tode.
Hinsichtlich der
letzten Stufe ist bezeichnend, daß eine „angesiegelte" Ehe ihre Fortsetzung in der Ewigkeit erfahren werde, da noch viele geistige Kinder gezeugt werden müßten.
Auch hier deutlich die Vermenschlichung des Ewigen.

Wo die Gottheit vermenschlicht ist, kann nicht mehr gesprochen werden von Gottes Heiligkeit; damit entfällt auch der biblische Sündenbegriff als Empörung des Menschen gegen Gottes heiligen Willen (vgl. Römer 1, 18 ff.). Sünde ist bei den Mormonen eigentlich nur Verstoß gegen das Fortschrittsdenken.
Es versteht sich, daß die Erbsünde geleugnet wird.
Die Rechtfertigung aus dem Glauben wird als gottlose Lehre abgetan.

Der Mensch könne nur durch sein Tun zum Ziel gelangen. Wie der Sündenfall der ersten Menschen keine ernst
hafte Sache war, so besteht für den Mormonen, ja die Menschheit, auch keine ernsthafte Gerichtserwartung.
Da die Zahl
der Verdammten sich, einschließlich dem Teufel, an den fünf Fingern abzählen lasse
(so gering!), wird praktisch volle Allversöhnung gelehrt.
Durch das Sühnopfer Jesu Christi sei
praktisch für alle Menschen eine erfreuliche Unsterblichkeit
gesichert, selbst für die Heiden; gewiß beständen Unterschiede im Glückszustand, doch sei es auch in der Ewigkeit noch möglich, sich hinaufzuarbeiten (also selbst hier Fortschritt!).
Breiten Raum nimmt bei der Sekte der Totenkult ein, d. h. ein Bemühen, möglichst vielen Verstorbenen zu einem Fortschritt in der Ewigkeit zu verhelfen.
Immer wieder verwendet die Sekte in mißbräuchlicher Weise biblische Begriffe, Erhöben wir dagegen Einspruch im Namen der Bibel, würde man uns nur entgegenhalten, daß unsere Bibel
„unrichtig übersetzt" sei.
Richtig übersetzt ist nach dortigem Verständnis die Bibel nur dann, wenn sie nicht im

Gegensatz steht zur Mormonenlehre. So ist ja neben der Bibel
das „Buch Mormon"  „Wort Gottes" sowie die späteren Offenbarungen, die bis zur Stunde an die neuen „Apostel" und „Propheten" ergangen seien (ähnlich wie bei den Irvingianern),
wogegen für unser biblisch-christliches Denken die
Apostel durchaus eine Einmaligkeit darstellen, auf deren Zeugnis die Gültigkeit des Neuen Testaments gründet.
Diese merkwürdige Sekte, die kaum noch christliche Züge aufweist, vielmehr eine Mischung darstellt von Christentum und Heidentum, Judentum und Islam,
— sie behauptet ausgerechnet, die wahre Kirche Jesu Christi zu sein, in der das
Evangelium rein gelehrt und die Ämter und Sakramente dem Auftrage Jesu entsprechend verwaltet würden.
Alle anderen
christlichen Gemeinschaften seien von der Lehre Christi abgefallen.
Es braucht nicht betont zu werden, daß eine geistige Auseinandersetzung mit einem Mormonenmissionar nicht
sinnvoll ist, will man ihm von der Bibel her begegnen.
Unsere
Gegengründe werden von ihm abgetan mit der Bemerkung,
daß unsere Bibelübersetzung nicht stimme; nur mit dem Vorverständnis des "Buches Mormon" und sonstiger mormonischer „Erkenntnisse" kann nach Meinung der Mormonen die Bibel richtig erkannt werden.
Für den Christen ist es deutlich, daß demgegenüber die Heilsgrundlage des Wortes Gottes nur noch bezeugt werden kann. Auseinandersetzung ist nicht angebracht.
Nur
ist es auch hier wieder schade, wenn manch erfreulicher Mensch, der doch auch zur Rettung berufen sein sollte, zu dem Heilsgrund des Evangeliums nicht gelangt.

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