Die „Christliche Wissenschaft" (Christian Science)   Neben der Schrift 
Die Gründerin dieser nordamerikanischen Sekte ist Mary
Baker Eddy (geb. 1821, gest. 1910). Als ihr erster Mann starb,
verstärkte sich ihre Nervosität, so daß sie zeitweise gelähmt
war. Ärzte erklärten die Krankheit für Hysterie. 1853 schloß
sie mit dem Zahnarzt Patterson eine zweite Ehe, die aber bald
darauf geschieden wurde. Ihre Krankheit schien unheilbar
zu sein. Da lernte sie 1862 einen völlig unchristlichen
Wunderdoktor namens Quimby kennen, der allen Kranken gegenüber
die Methode anwandte, daß er ihnen ihre Krankheit beharrlich
ausredete. Dieser Heilmethode liegt die Meinung zugrunde,
daß alle Leiden nur auf einem falschen Denken beruhen.
Quimby verwandte gern und reichlich alle Hilfsmittel der
Suggestion, z. B. Berührung mit Knien und Fingern. Mary Baker
fand bei ihm nur eine zeitweise Besserung. Am 1. Februar 1866
glitt sie aus und blieb bewußtlos liegen. Ärztliche Hilfe schien
vergeblich zu sein. Da schickte sie am dritten Tag alle aus
dem Zimmer und las in der Bibel die Geschichte vom
Gichtbrüchigen (Matth. 9). Sie fühlte sich selbst angesprochen,
erhob sich, kleidete sich an und glaubte nun, den Schlüssel
zur Heilung jeder Krankheit gefunden zu haben. Ihr damaliger
Arzt hat sie im selben Jahr noch öfter besucht und behandelt,
aber sie selbst hielt diesen 3. Februar 1866 für den Tag, an
dem ihr die richtige Offenbarung zuteil wurde. Sie schrieb
dann ein Buch:
„Science and Health (Wissenschaft und Gesundheit)
mit Schlüssel zur Heiligen Schrift", das von ihren
Anhängern als so unfehlbar angesehen wird, daß nicht einmal
eine Übersetzung ohne den englischen Originaltext gedruckt
werden darf. Sie heiratete 1877 einen ihrer Schüler namens
Eddy. Am 3. Dezember 1910 starb sie, „eine Körperhülle, die
der Glaube verlassen hat". In ihren Kirchen wurde gemeldet:
„Mary Baker ist aus unserem Gesichtskreis geschieden."

In der ganzen Welt gibt es Gemeinden der Christlichen
Wissenschaft, in denen von ihr ausgebildete Lehrer ihre
Lehren vortragen. Jede Gemeinde besitzt vor allen Dingen
ein Lesezimmer, in dem außer der Bibel nur die Schriften von
Mary Baker Eddy ausgelegt werden dürfen. In Amerika
gehören dieser Sekte auch große Tageszeitungen und
Rundfunkstationen. Ihre offizielle Bezeichnung lautet:
„Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler".
    Es ist eigentlich falsch, die Anhänger der Christlichen
Wissenschaft „Gesundbeter" zu nennen. Man müßte sie
vielmehr „Gesunddenker" nennen. Krankheit und Tod beruhen
nach ihnen auf einer falschen Grundeinstellung. Die
Scientisten lehren: Als Gott den ersten Menschen vor der
Erschaffung des Weibes in einen tiefen Schlaf fallen ließ, hat
Adam Gott vergessen und ist der Täuschung verfallen, daß
Leben und Geist aus der Materie kämen. Seitdem hält der
Mensch die Materie und damit auch Krankheit und Tod für
wirklich, und weil er Krankheit und Tod für wirklich hält,
muß er selbst auch leiden und sterben. Weil er das Böse
und die Sünde für möglich hält, muß er Böses tun. Sobald
der Mensch im Gemüt erkennt, daß er nicht zu sündigen
braucht, ist er Herr über die Sünde. Die Menschen sind
krank, weil sie sich für krank halten; sie sterben, weil sie
meinen, sterben zu müssen. Auf „richtiges Denken" kommt
es an.
Indem die Christliche Wissenschaft von „Gott" spricht,
kann dieser Begriff auch ersetzt werden durch „Geist" oder
„Gemüt"; es handelt sich also nicht um den heiligen
personenhaften Gott der Bibel, vor dem der Mensch nur ein Sünder
ist. Dieser ihr „Gott" wird von der Christlichen Wissenschaft
als allein wirklich behauptet, alles andere sei nur Schein und
Irrtum. Es wird also die Schöpfung geleugnet. So gebe es
auch keine Materie. Die uns umgebende Welt sei eine Sinnes-
täuschung. Weil nun „Gott" allein wirklich sei, gebe es auch
keine Sünde, noch Tod oder Krankheit als deren Folge; Sünde
sei nur Wahnvorstellung; der Mensch von Natur gut. So seien
auch Tod und Krankheit nur Ergebnis unserer Vorstellung. —
Und wie kam es zu der behaupteten Sinnestäuschung? Auf
die Frage nach dem Ursprung dieses verhängnisvollen Irrtums
kann die Christliche Wissenschaft verständlicherweise nicht
auf den Sündenfall (1. Mose 3) verweisen als den Beginn der
Sünde im Menschen. Vielmehr wird gearbeitet mit der seltsamen
Vorstellung von „Adamstraum", den Adam (1.Mose 2, 21) während
des tiefen Schlafs bei Erschaffung der Frau gehabt habe,- durch diesen
„Traum" sei er in den Irrtum verfallen, das Weltall sei etwas Wirkliches,
nicht nur eine Widerspiegelung Gottes. Dabei ist „Gott" als alleinige Wirklichkeit
zugleich unendliche Güte, die nur Gesundheit und Leben wirken kann.
-Auch hinsichtlich der Person Jesu hat die Christliche Wissenschaft
ihre Irrlehre. Zunächst unterscheidet sie
zwischen dem Menschen Jesus und dem Christusgeist, der
auch unabhängig von Jesus vorhanden sei, nur in Jesus besonders
kraftvoll gewirkt habe. Jesus sei der erste gewesen,
der die Christliche Wissenschaft in ihrer reinen Gestalt
verkündigt und ausgeübt habe. Er habe den Hinweis zum
„richtigen Denken" gegeben, daß man nur die entsprechende
Wendung vom Unwirklichen zum Wirklichen zu vollziehen
brauche, will man von Sünde, Krankheit und Tod frei werden.
So sei auch Jesu Tod kein wirklicher Tod gewesen und die
Auferstehung nur irrtümlich für eine solche gehalten worden.
Das ist alles schreckliche Irrlehre. Es wird zwar zum Wesen
unseres christlichen Glaubens gehören, daß er Gott in Christus
auch noch heute jedes Wunder zutraut. So hält der erkrankte
Christ daran fest, daß der Herr ihn gesund werden lassen
kann bei jeder Krankheit und ohne jedes Hilfsmittel und
Medikament, wenn der Herr es will. Dabei kann der Christ
auch ärztliche Hilfe dankbar aus Gottes Hand annehmen.
Aber es wird ebenfalls zum Wesen des christlichen Glaubens
gehören, daß die Krankheit wie alles Leid samt dem Tode
anzusehen ist als eine Folge der Trennung von Gottes Willen
und Leben, — als Folge der Sünde, die nicht verharmlost
werden darf, sondern ewige Verdammnis grundsätzlich nach
sich zieht. Und diese Sünde ist furchtbare Wirklichkeit, so
gut wie die Schöpfung der Welt durch Gott Wirklichkeit ist
und nicht nur Vorstellung. Die Wirklichkeit der Sünde ist so
gewaltig, daß der sündlose Opfertod des Christus Gottes
nötig war, um zu retten den, wer sich rufen läßt. Dazu läßt
sich die Tatsache des Todes nicht trennen von der der Sünde:
»Der Tod ist der Sünde Sold" (Rom. 6, 23); „Der Stachel des
Todes ist die Sünde" (1. Kor. 15, 56). Es wird auch für den
christlichen Glauben feststehen, daß es kein Ereignis gibt
ohne Gott. So gebraucht Gott auch die Krankheit, wenn ein
Zweck erreicht werden soll, zur Züchtigung; es kann ebenfalls
der Satan mit Krankheit schlagen, und das mit Auftrag
und Zulassung Gottes (Hiob und 2. Kor. 12).
Wenngleich für das einzelne Menschenleben nicht unbedingt
ursächliche Zusammenhänge zwischen einer bestimmten
Krankheit und einer bestimmten Sünde festgestellt werden
sollen noch können (Hiob; Joh. 9), sieht doch die Bibel
grundsätzliche Zusammenhänge zwischen Krankheit und Sünde.
Auf dieser Erde wird selbst der Gläubige sich immer wieder
zu beugen haben, wenn Gottes Urteil ihn als Sünder kennzeichnet.
So wird er auch nicht empört sein dürfen, wenn
Krankheit ihn trifft. Gewiß darf er um Befreiung von Krankheit bitten,
doch das in der Haltung der Anerkenntnis der
höheren Gedanken und Wege Gottes. Sünde, Krankheit und
Tod zu bloßem Irrtum abzuwerten, ist so viel wie Gotteslästerung.
Auch der Scientist hätte Rettung vor der Verdammnis nötig.

Wenn die Christliche Wissenschaft meint, wöchentlich
Heilungserfolge buchen zu können, so beweist das keineswegs
die Wahrheit ihrer Lehre. Denn einerseits läßt sich
ein großer Teil der Krankheiten durch mehr oder weniger
suggestive und mentale Methode beeinflussen, wenngleich
offiziell von Mary Baker Eddy her ein „Mesmerismus" mit
negativ wirkender Suggestion abgelehnt wurde; jeder Arzt
weiß von der Möglichkeit mentaler wie suggestiver Einflußmaßnahme
auf den Kranken. Das ist noch kein Wunder.
Andererseits aber soll die Möglichkeit des heutigen Wunders
nicht bestritten werden. Doch ist da zu beachten, daß von
der Schrift auch dem Teufel eine Wundermächtigkeit zugeschrieben wird,
um zu verführen, die die Liebe zur Wahrheit
verachten (2. Thess. 2, 9—12).
Es wird uns fernliegen, Heilungserfolge der Christlichen Wissenschaft
zu bestreiten? nur beweisen sie keineswegs eine christliche Ausrichtung dieser
Sekte und sind keine Glaubensheilungen im Sinne der Bibel.
Wo die Christliche Wissenschaft in der Bibel liest und doch
die Bibel umgeht, indem sie eine Erniedrigung vollzieht von
Gott, Jesus Christus und dem Heiligen Geist zu gleichklingenden Größen
menschlicher Phantasie, hat die Christliche
Wissenschaft den Weg der Rettung verlassen und ist zur
Selbsterlösung geschritten. So sehr es den natürlichen Menschen
schmeichelt, wenn ihm der Weg einer Selbsterlösung
angeboten wird, so sehr demütigt uns die biblische Christusbotschaft,
wenn sie zunächst unser Verlorensein ausspricht,
um über den Weg der Glaubenshingabe an den sündlosen
Gottessohn auf Golgatha die unfaßlich und doch wirkliche
Rettung zu verkündigen. Wo von Wirklichkeiten in diesem
Kapitel viel die Rede ist, wäre dies zu bekennen: Wirklich ist
der Gott der Bibel und nicht sein Konterfei menschlichscientistischer
Erfindung; wirklich ist die Sünde als Abfall
der Menschen von dem heiligen Gott, aber auch ihre Vergebung
in Glaubensverbindung mit dem Erlöser auf Golgatha;

wirklich ist Krankheit, Tod und Verdammnis als wohlverdiente
Strafe Gottes für den Sünder, aber auch das Handeln der freien
Gnade Gottes, der die Krankheit uns nehmen
und ebenso lassen kann, der jedoch seiner Glaubensgemeinde
ewige Herrlichkeit verheißt. Und dieses christliche Glaubensleben
trägt schon hier auf Erden Früchte, wenngleich als
Anfang und noch in Schwachheit,  - Früchte, die eine selbst
in das Äußere wirkende Ordnung nach sich ziehen: .Darum,
ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung;
das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden"
(2. Kor. 5,17)

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